Traditionelle Kräutermedizin aus Lilien und Wilder Dornkirsche wirkt antidepressiv auf die Serotoninverarbeitung ein
Original Titel:
Ziziphi spinosae lily powder suspension in the treatment of depression-like behaviors in rats
Lilien werden schon seit langer Zeit in der Naturheilkunde eingesetzt. So wie es viele Varianten dieser Pflanze gibt, ist auch ihre Wirkung divers. Auch hat jede Lilienart ein ganzes Spektrum an Substanzen, die jeweils unterschiedlichste Effekte auf den Körper haben. Dadurch gehören sie nicht nur zu den Heilpflanzen, sondern sind selbstverständlich auch giftig. Traditionell sind sie vor allem bei der Behandlung der Beschwerden in den Wechseljahren bekannt, zählen aber auch hierbei immer als antidepressive, schlaffördernd und zum Teil sedierend. Auch in der chinesischen traditionellen Medizin hat die Lilie eine lange medizinische Geschichte, zum Teil spezifisch zur Behandlung von Depressionen. Manche Lilienarten, wie beispielsweise die aus der westlichen Naturheilkunde bekannte Traubensilberkerze (Cimicifuga), enthalten eine dem Glückshormon Serotonin ähnliche Substanz, das Methylserotonin. Zur Behandlung der Depression wird in der TCM häufig die Lilie mit anderen Kräutern kombiniert. In dieser Studie wurden die Samen der Wilden Dornkirsche, auch Stacheljujubesamen oder Brustbeerbaumsamen genannt, in einer Mischung mit Lilienknolle, untersucht. Das Pulver aus Ziziphi spinosae Samen wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin seit dem 15. Jahrhundert vorwiegend gegen Angstzustände, Herzklopfen und Schlaflosigkeit angewandt.
Dr. Wang und Kollegen von der Anhui Medizinischen Universität im chinesischen Hefei untersuchten 30 Ratten, die durch chronischen, unvorhersagbaren Stress über 4 Wochen hinweg depressiv wurden, genauso wie auch Menschen, dauerhaftem Stress ausgesetzt, unter Depressionen leiden können. Behandelt wurden die Tiere anschließend mit einem aus der traditionellen chinesischen Medizin stammenden Lilienextrakt mit Ziziphi spinosae-Samen, oder mit dem Antidepressivum Fluoxetin, oder blieben unbehandelt (Kontrolle). Ziel der Studie war dabei zu untersuchen, ob das Mittel antidepressiv auf das Verhalten der Tiere einwirkte und welche Mechanismen dazu beitragen könnten.
Dazu wurden klassische Anzeichen für Depressionen in Körpergewicht und Verhalten überprüft. Das Verhalten wurde auch in einem Schwimmtest, einem Zuckerkonsumtest und im offenen Feld ermittelt. Im offenen Feld wandern gesunde Ratten typischerweise frei umher und erforschen die Umgebung, auf der Suche nach Nahrung und neuen Wegen. Depressive Ratten dagegen tendieren, ganz wie Menschen auch, dazu in einer Ecke teilnahmslos zu verharren und keinerlei Interesse an Neuem zu zeigen. Ein klassisches Symptom von Depressionen ist auch der Verlust an Genussfähigkeit (Anhedonie), was im Zuckerkonsumtest mit den Tieren leicht überprüft werden kann. Um die der möglichen Lilienwirkung zugrundeliegenden Mechanismen zu erfahren, wurden die Mengen verschiedener Substanzen in Blut und Gehirn ermittelt. Dazu zählten 5-HT (auch 5-HTP abgekürzt), ein Zwischenprodukt beim Umbau von Tryptophan in das Glückshormon Serotonin, und 5-HIAA, ein Folgeprodukt des 5-HT.
Die Studie fand, dass der Kräuterextrakt aus der Lilienpflanze mit dem Ziziphi spinosae-Samen die Symptome der chronisch depressiven Ratten verbesserte. Die Genussfähigkeit der Tiere steigerte sich: so konsumierten alle behandelten Ratten mehr Zucker als nach der Stressphase. Die unbehandelten Tiere dagegen blieben desinteressiert gegenüber den Süßigkeiten. Im Schwimmtest erreichten die behandelten Tiere wieder die Werte, die sie vor der Stressphase hatten. Die Wirkung der Kräutermedizin war dabei vergleichbar zur Fluoxetinbehandlung. Auch im offenen Feld zeigten die behandelten Ratten offenbar ihre verbesserte Stimmung und rannten mehr umher als die Kontrolltiere. Infolge der Behandlung mit sowohl Fluoxetin als auch dem Kräuterextrakt erhöhte sich auch die Konzentration sowohl an 5-HT als auch 5-HIAA in Blut beziehungsweise Gehirn der behandelten im Vergleich zu den unbehandelten Tieren. Die Behandlung mit dem TCM-Lilienextrakt kann also offenbar auf den Tryptophan-Abbaupfad einwirken, über den wir auch kürzlich berichtet hatten, und darüber depressive Symptome lindern.
Damit demonstrierten die Wissenschaftler in dieser kleinen Studie, dass zumindest bei depressiven Ratten die TCM-Behandlung mit Extrakten aus der Lilienknolle und den Ziziphi spinosae-Samen durchaus mit der klassischen Antidepressiva-Behandlung mithalten konnte. Die Gehirnbotenstoffverarbeitung war dabei auch messbar verändert und unterstützte damit die Relevanz des Tryptophan-Verarbeitungsweg bei depressiven Störungen. Was bedeutet dies nun für Patienten? Die Studie legt nahe, dass TCM-Methoden dieser Art bei depressiven Erkrankungen eine Hilfe sein können. Es könnte also in Absprache mit den behandelnden Ärzten einen Versuch wert sein, eine ergänzende Therapie auf Wirkung und Nebenwirkung hin zu testen.
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